Was ist die Wohnungszuweisung?
Das Gesetz regelt 3 unterschiedliche Fälle der Wohnungszuweisung im privaten Bereich.
Zwei der Fälle betreffen Ehegatten. Teilweise wird es auch „Anspruch auf Überlassung der Wohnung“ genannt. Unter bestimmten Umständen hat ein Ehegatte das Anrecht darauf, die Ehewohnung nach der Trennung- bzw. nach der Scheidung weiter benutzen zu können. Und zwar ohne den anderen Ehegatten. Dieses Recht kann trotz Eigentum des anderen Ehegatten an Wohnung oder Haus bestehen. Zuständig in Verfahren der Wohnungszuweisung sind stets die Familiengerichte. Ein Herausgabeverlangen gestützt auf § 985 BGB ist nicht möglich, da dieser Anspruch durch die Spezialvorschrift des § 1568a BGB verdrängt wird.
Mit der Zuweisung nach § 1568a BGB soll der Verbleib der Wohnung nach der Scheidung endgültig geklärt werden. Im Kontrast dazu soll § 1361b BGB nur eine Übergangslösung in der vor der Scheidung liegenden Trennungsphase schaffen.
Der dritte Fall (§ 2 I GewSchG) soll den Schutz von Opfern häuslicher Gewalt allgemein unabhängig von dem Bestehen einer Ehe sicherstellen, und gilt somit für jedermann. Ergänzend werden in der Regel Anordnungen nach § 1 Abs. 1 GewSchG getroffen. Auch hier ist das Familiengericht zuständig (§ 111 Nr. 6 FamFG) .
Temporäre Zuweisung nach § 1361b BGB
Eine temporäre Zuweisung in der Zeit zwischen Trennung und Scheidung ist nur zur Abwendung einer „unbilligen Härte“ erforderlich. Der Absatz 2 enthält dazu Regelfälle, bei denen die Zuweisung zu gewähren ist.
Verletzt ein Ehegatte Körper, Gesundheit, Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung des Anderen vorsätzlich, ist mit einer Zuweisung der Wohnung zugunsten des Opfers zu rechnen. Schon die Drohung mit derartigen Grenzüberschreitungen kann genügen. Weitere Gründe für eine Zuweisung können die Abhängigkeit und Konsum von Rauschmitteln, psychische Störungen, oder die drohende Beeinträchtigung des Wohlergehens der Kinder sein. Eine unbillige Härte liegt ebenfalls vor, wenn der einer der Ehegatten einen neuen Partner mit in die Wohnung bringt.
Abhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann eine Nutzungsentschädigung zu zahlen sein. Dabei werden die Einkommensverhältnisse berücksichtigt. Die Fortzahlung der Miete durch den finanziell besser gestellten Ehegatten kann auf den Trennungsunterhalt angerechnet werden. Das Zuweisungsurteil des Gerichtes kann auch weitere Auflagen enthalten
Permanente Zuweisung nach § 1568a BGB
Allerdings ist dieses Recht an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Es kommt darauf an, wer die Wohnung eher benötigt. Die Entscheidung ist im Einzelfall zu treffen, dabei werden die Eigentumsverhältnisse mit berücksichtigt, sie sind jedoch nicht das einzige Kriterium für den Richter.
Besonders wichtige Faktoren sind das Kindeswohl und die jeweilige Situation der Geschiedenen. „Zur Sicherung einer zweckmäßigen und gerechten Zuweisung soll grundsätzlich derjenige Ehegatte die Ehewohnung behalten, der unter Berücksichtigung [seiner Lebensverhältnisse] stärker auf sie angewiesen ist.“ So steht es in einem Gesetzesentwurf von 2008 (Bundestag-Drucksache. 16/10798) .
Bei der Prüfung des Wohls der Kinder zu berücksichtigen gilt deren Interesse, nicht das ihnen bekannte soziale Umfeld verlassen zu müssen. Bei der Prüfung der Situation der Geschiedenen spielen die Auswirkungen eines Umzuges in Anbetracht ihrer persönlichen, insbesondere der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Situation.
Kann anhand dieser Kriterien keine Entscheidung getroffen werden, ist darauf abzustellen, „ob ein Ehegatte aufgrund anderer Umstände ein besonderes und schützenswertes Interesse an der Wohnung hat“ (Bundestag-Drucksache. 16/10798), wobei die Möglichkeiten der Beschaffung von Ersatzwohnraum für beide Ehepartner zu berücksichtigen sind.
Wenn die Interessenabwägung weder zugunsten des einen noch des anderen Ehegatten ausfällt, unterbleibt eine Wohnungszuweisung (Saarländisches OLG, Beschluss vom 07.03.2013 - 6 UF 2/13; https://openjur.de/u/705872.html).
Zuweisung einer Mietwohnung
Welcher Ehegatte Mieter ist, ist für die Zuweisung einer Mietwohnung irrelevant. Nach der Zuweisung wird gem. § 1586a III BGB der dort wohnende Ehegatte Mieter. Sowohl der neue Mieter als auch der Vermieter können den Abschluss eines Mietvertrages verlangen.
Zuweisung bei Eigentum des anderen Ehegatten
Strengere Voraussetzungen gelten, wenn ein Ehegatte Eigentum an der Ehewohnung hat. Eine Wohnungseinweisung ist dann ausschließlich zur Abwendung einer „unbilligen Härte“ für den anderen Ehegatten möglich. Hierfür gelten strenge Anforderungen. Nur eine ungewöhnliche hart treffende und unerträgliche Belastung ist ausreichend, wobei auch hier die Möglichkeiten, Ersatzwohnraum zu beschaffen, eine wesentliche Rolle spielen.
Eine Wohnungszuweisung kann unter diesen Umständen beispielsweise erfolgen, wenn ein Ehegatte und die von ihm betreuten Kinder sonst keine andere Wohnung bekommen.
Antragserfordernis
Im Fall des § 1568a BGB muss die Zuweisung der Wohnung innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung beim Gericht beantragt werden (siehe Absatz 6). Die Zuweisung kann auch im Eilverfahren erfolgen.
Zuweisung nach dem Gewaltschutzgesetz
Eine vorübergehende Wohnungszuweisung ist auch für nicht verheiratete Mitbewohner möglich. Und zwar nach dem Gewaltschutzgesetz. Bei einer vorsätzlichen Verletzung des Körpers, der Gesundheit, oder der Freiheit der anderen Person, kann eine Zuweisung erfolgen. Das gilt auch, wenn sich der Täter zum Tatzeitpunkt in einem starken Rauschzustand befindet. Beispielsweise durch Alkohol oder andere Drogen. Schon die Androhung einer solchen Verletzung kann die Zuweisung begründen. Die Vermeidung unbilliger Härte ist hier nicht erforderlich. Allerdings ist eine Zuweisung zum Gewaltschutz nur für eine begrenzte Zeit möglich, in der Regel für 6 Monate, mit der Möglichkeit einer Verlängerung für maximal weitere 6 Monate.
Die Zuweisung muss beim Gericht beantragt werden. Das Gericht kann dem Täter dabei auch folgendes verbieten: Sich dem Opfer oder der Wohnung zu nähern, das Opfer (auch digital) zu kontaktieren oder (3) sich an Orten aufzuhalten, die das Opfer regelmäßig besucht. Tut er es trotzdem, macht er sich unter Umständen strafbar.
Über das Hilfetelefon gibt es für betroffene Frauen rund um die Uhr eine anonyme und kostenlose Beratung. Die Nummer lautet 116 016. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite https://www.hilfetelefon.de .